04 Museo 2015

18. August 2015 MUSE-O „Made in Stuttgart-Ost“
…dem die Exponate zulaufen

„Vieles von dem, was wir hier sehen, kann man nicht finden, das kann einem nur zulaufen“, so Ausstellungsmacher Ulrich Gohl, „es war unglaublich, noch am Tag vor der Ausstellungseröffnung kam ein Exponat, das wir unbedingt aufnehmen mussten!“ Sein Team war auch diesmal wieder erfolgreich mit seinen Aufrufen an die „Ostler“, ihre Keller und Dachböden auf Fundstücke zu bestimmten Themen zu durchforsten.

Wir sieben Mitglieder des Freundeskreises Stadtmuseum waren diesmal auf ‚fremdem Territorium‘, in einem kleinen, feinen Museum mit Stuttgarter Stadtgeschichte, das erstaunlicherweise nicht zur Stadtmuseumsfamilie (Museen des Stadtmuseums Stuttgart) gehört. Und zwar im MUSE-O in der Gablenberger Hauptstraße 130, wo der Museumsverein Stuttgart-Ost e.V. seit zehn Jahren beheimatet ist. In zwei Klassenzimmern (siehe Bild 3) des ehemaligen Gablenberger Schulhauses läuft noch bis 27. September 2015 die Ausstellung „Made in Stuttgart-Ost“.

Wussten Sie, dass Gablenberg und Gaisburg einmal Weingärtner-Dörfer waren? Und dass im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit die Energie für Stuttgart in den vielen Mühlen des kleinen Ortes Berg erzeugt wurde? Villa Reitzenstein, Stöckach, Gänsheide und Gaskessel – Stuttgart-Ost ist wohl der bunteste der Stuttgarter Stadtbezirke. Dies spiegelt auch die interessante Ausstellung wieder. 44 Firmenportraits erzählen die Geschichte der Industrialisierung des Stuttgarter Ostens und seiner De-Industrialisierung in den 1950er-Jahren. Viele Industriebauten wurden zu Arealen für Kreativschaffende.

Ein paar der tollen Exponate mit ihren überraschenden Geschichten:

(Bilder Flex, Toblerone, Hanna Hose, Kanaldeckel, Waldorf-Astoria, Zündkerze)

Flex: Der Erfinder der berühmten Flex, die Firma Ackermann & Schmitt, benannte sich später nach ihrem Welterfolgsprodukt aus den 1950er-Jahren.

Hanna Hose: Die seit 1919 millionenfach (!) verkaufte Damen-Unterhose der Paul Kübler Strickwarenfabrik, der als Erfinder der Damenkonfektionsware gilt.

Toblerone: Ostheim war bis in die 1980er-Jahre das Zentrum der Toblerone-Produktion am Standort von Schoko Buck!

Kanaldeckel: In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts lieferte die Maschinenfabrik von Gotthilf Kuhn global (!) Dampfmaschinen, Gussteile und ganze Produktionsanlagen.

Zündkerze: Obwohl sie damals technisch besser war, konnte sich die Dieterle-Zündkerze nicht gegen die schon damals bestehende Marktmacht der Bosch-Zündkerze durchsetzen.

Waldorf-Astoria: Von 1906 bis 1929 bestand die Zigarettenfabrik Waldorf-Astoria. Für die Kinder der Beschäftigten wurde u.a. die erste Waldorf-Schule unter Leitung von Rudolf Steiner gegründet!

Für alle weiteren Geschichten heißt es: selbst anschauen!

Überraschend sind nicht nur die Ausstellungsstücke, sondern auch die Form der Präsentation (Bild 1, Bild 2). Inken Gaukel, die Frau hinter der Ausstellungskonzeption, erklärt: „Viele Exponate passen ohnehin in keine übliche Vitrine und sind viel zu schade, nicht von Nahem betrachtet werden zu können. So haben wir uns eine augenzwinkernde, nicht so museale Ausstellung einfallen lassen.“ Eine tolle Idee fanden wir auch den Ausstellungsflyer in Form eines kleinen Stadtplans. In diesem sind die ehemaligen Standorte der vorgestellten Betriebe genau eingezeichnet – vielleicht eine Inspiration für einen Wochenendspaziergang?

Dem Ausstellungsteam des MUSE-O wurde übrigens schnell klar, dass Freude und Ehrgeiz der Ost-Bewohner an Fundstücken noch lange nicht erschöpft sind: Es wird 2016 eine Fortsetzung der Industriegeschichte von S-Ost geben. Wir sind gespannt, welche neuen Geschichten und Anekdoten sich dabei auftun werden!

Haben Sie Lust, bei unseren unterhaltsamen Hinter-den-Kulissen-Veranstaltungen dabei zu sein? Wir freuen uns auf neue Mitglieder im Freundeskreis.

Daniela Birnbaum, Mitglied des Freundeskreises